Im AltersSchwindelZentrum (ASZ) gehen die Experten den Schwindelauslösern intensiv auf die Spur.
Die Welt dreht sich urplötzlich wie auf einem Karussell, der Boden schwankt, sackt unter den Füßen ab: Schwindel wirft Betroffene im wahrsten Sinne aus der Bahn, körperlich und seelisch. Denn Sturz- und Verletzungsgefahr steigen ebenso wie Angst und Unsicherheit. Besonders mit zunehmendem Alter steigt damit das Risiko auch von vermeintlichen Schonhaltungen, die tatsächlich aber einen Teufelskreis in Gang setzen. Im eigens für betagte Menschen errichteten AltersSchwindelZentrum (ASZ) am Elisabeth Krankenhaus Recklinghausen gehen die Experten den Auslösern intensiv auf die Spur. Weil insbesondere bei den über 75-jährigen Patienten Schwindel mit der häufigste Grund für einen Arztbesuch ist. Bei den über 80-Jährigen ist sogar nahezu jeder Zweite von Schwindelattacken betroffen.
„Die Ursachen zu finden ist Detektivarbeit“, sagt Dr. Thomas Günnewig, Chefarzt der Abteilung Geriatrie/Neurologie. Denn sie könnten vielfältig und komplex sein: So seien häufig Erkrankungen im Innenohr, wo das Gleichgewichtsorgan sitzt, oder Störungen im Gleichgewichtszentrum im Gehirn Grund für Schwindelattacken. Infrage kämen außerdem Nervenentzündungen, Gefäßprobleme, Herz-Kreislauf-Störungen, Stoffwechselerkrankungen oder psychische Erkrankungen. Mitunter seien zudem Medikamentennebenwirkungen insbesondere bei der Einnahme von mehr als fünf Präparaten gleichzeitig Schuld am Schwindel, so der Experte. Auch natürliche Abnutzungserscheinungen im Alter spielten oft eine Rolle. Das Problem bei der Diagnose: Die jeweiligen Schwindelmuster geben zwar manchmal Hinweise auf die Ursache. Allerdings geht nicht jedes Krankheitsbild mit nur einer typischen Schwindelform einher. Günnewig: „Die Symptome können sich überschneiden und individuell unterschiedlich sein. Da muss man akribisch hinsehen.“
Dem breiten Spektrum an Auslösern geht man im ASZ am Elisabeth Krankenhaus mit neuester Technik akribisch auf den Grund. Denn die Ursachenfindung ist im Krankenhaus besonders intensiv möglich. Immer montags werden in Recklinghausen die Patienten aufgenommen. Schon am ersten Tag beginnen Diagnostik und Therapie. Dafür ist die Abteilung mit allen notwendigen Diagnostik-Geräten ausgestattet, sind Ärzte und Therapeuten speziell geschult. Ihre häufige Erfahrung laut Günnewig: „Bei Mobilitätseinschränkungen, die mit Schwindel einhergehen, fehlt oft schlicht das Training. Über diesen Mangel verstärkt sich die Immobilität, weil weniger gelaufen wird. Das ist eine einzige Spirale nach unten.“ Für eben diese Patienten bietet das Recklinghäuser Schwindel-Team um Leiter Dr. Joachim Thöne ein selbst erstelltes, breit aufgestelltes Konzept an, um die Beschwerden der Betroffenen zu lindern oder gar zu beseitigen. Ziel ist es, die Selbstständigkeit in den eigenen vier Wänden zu erhalten.
Therapeutisch finden sich je nach Ursache unterschiedliche Behandlungskonzepte. Manche Schwindelformen werden mit Medikamenten behandelt, andere werden im Gegenteil durch deren Absetzen besser. Weitere Auslöser werden rein physikalisch durch Lagerungsübungen behandelt. Das gilt etwa für den Steinchenschwindel im Innenohr, genannt benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel. Bei psychisch bedingtem Schwindel haben sich psychotherapeutische Maßnahmen wie eine Verhaltenstherapie als erfolgreich erwiesen. In schweren Fällen kann die Behandlung medikamentös unterstützt werden. Manchmal kann auch eine Operation sinnvoll sein. In besonders schwierigen Fällen, etwa bei Morbus-Menière-Patienten mit besonders häufigen oder über Jahre auftretenden Schwindelattacken und einer gleichzeitig extrem eingeschränkten Hörfähigkeit, können OPs wie die Medikamentöse Ausschaltung des betroffenen Gleichgewichtsorgans durch Gentamicin-Injektionen helfen. Allerdings sei das laut Günnewig inzwischen die Ausnahme und sollte nur nach gründlicher Abwägung zum Einsatz kommen.
Wichtigste Erkenntnis bleibt demnach: „Ohne nachhaltiges Training zu Hause geht es nicht." Erst einmal müsse der Patient wieder ins Gleichgewicht kommen und sicher laufen lernen, so Günnewig. Dafür brauche es Kraft, Gleichgewichtswahrnehmung, das richtige Schuhwerk und Hilfsmittel. ,,Und dann muss man sich aus der Krankheit quasi raustrainieren. Wer fit bleiben will, muss dafür weiterhin auch nach dem Krankenhausaufenthalt etwas tun. Wir im ASZ geben dazu ein Trainingsprogramm mit und bleiben jederzeit Ansprechpartner bei Fragen und Ängsten. Ina Fischer
Anmeldung
Für einen stationären Aufenthalt im AltersSchwindelZentrum am Elisabeth Krankenhaus Recklinghausen benötigen Sie eine stationäre Einweisung Ihres behandelnden Arztes. Dies kann der Hausarzt aber auch ein Neurologe, Psychiater oder auch ein HNO-Arzt sowie ein Orthopäde sein.
Die stationären Aufnahmen erfolgen immer montags. Die Anmeldung erfolgt telefonisch über das Sekretariat: Tel. 02361 / 601-286