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LWL-Klinik Herten: Psyche näher bringen

Erkrankung als Chance nutzen LWL-Klinik Herten setzt mit jungem und erfahrenem Team Pläne um.

Neue Ärztlicher Direktor Dr. Johannes Albers (41) und Stellvertreterin Judith Könning (42) bringen frische Perspektiven in die LWL-Klinik in Herten. FOTO INA FISCHER

Seit Juli vergangenen Jahres hat die LWL-Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin in Herten ein neues Gesicht: Dr. Johannes Albers (41) hat Dr. Luc Turmes als Ärztlicher Direktor abgelöst. Der gebürtige Dorstener bringt Erfahrung, frischen Wind und große Pläne für den Aus- und Aufbau der Klinik mit. Ihm zur Seite steht seit Anfang des Jahres Stellvertreterin Judith Könning (42), die sich auf affektive Erkrankungen spezialisiert hat und als Oberärztin die Depressionsstation sowie die Mutter-Kind-Einheit leitet. Für Medio erklärte die neue Doppelspitze das Leistungsspektrum und sprach über Visionen, aber auch über Stigmata in der Psychiatrie.

Breites Leistungsspektrum und Mitarbeiterbindung als Stärke

Die Voraussetzungen für die Weiterentwicklung am Standort Herten seien gut, sind sich beide einig: „Die Klinik ist breit aufgestellt mit einem sehr erfahrenen Team aus Fachärzten und Psychologen sowie gut geschultem Fachpersonal mit vielen Weiterbildungen auch unter den Ergo- und Bewegungstherapeuten sowie Sozialarbeitern - im Schulterschluss mit der Pflege.“ Ein weiteres Plus: Trotz allgemeinem Fachkräftemangel zeichne sich die Hertener Klinik durch eine gute Mitarbeiterbindung aus, das zeigten auch die wenigen Personalwechsel.„Das Team ist unglaublich gut eingespielt, was nicht selbstverständlich ist“, so Albers: „In den vergangenen Monaten haben wir dank intensiver Personalakquise in sehr kurzer Zeit alle offenen Stellen gut besetzt und unser Team verjüngt, aber auch durch neue erfahrene Fachkräfte gestärkt. Die hohe Fachlichkeit und Innovationsfreude der Klinik kommt uns dabei zugute.“ Ein weiterer Grund sei laut Könning die spezifische Aus- und Weiterbildung: „Wir legen großen Wert darauf, diese allen Mitarbeitern anzubieten.“ Dass das Behandlungsangebot so gut angenommen werde, zeige auch, wie verwurzelt die LWL-Klinik in der Region sei. Auf den zehn Stationen mit 195 Betten werden alle psychiatrischen Krankheitsbilder behandelt - wie Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Psychosen, legale Suchterkrankungen sowie auch psychische Erkrankungen, die im höheren Lebensalter auftreten, wie etwa Demenzerkrankungen. Albers: „Zudem führen wir das Leuchtturmprojekt der Mutter-Kind-Einheit, die mein Vorgänger Dr. Luc Turmes in einzigartiger Weise hier aufgebaut hat, weiter - eine Herzensangelegenheit, die Frau Könning übernommen hat.

Die LWL-Klinik will das alte Bild von Psychiatrie überwinden und setzt auf Transparenz. FOTO ADOBE STOCK
Die LWL-Klinik will das alte Bild von Psychiatrie überwinden und setzt auf Transparenz. FOTO ADOBE STOCK

Vielseitigkeit in der Behandlung psychiatrischer Krankheitsbilder

Darüber hinaus werden teilstationäre Angebote in sechs Tageskliniken auch zu Spezialbereichen wie Borderline-Störungen oder psychosomatischen Erkrankungen vorgehalten, vier befinden sich vor Ort, eine in Haltern sowie eine in Dorsten. Hinzu kommen eine große Institutsambulanz für schwer kranke Patienten, die aus der Regelversorgung fallen, weil sie etwa eine hohe Behandlungsfrequenz oder eine besondere Medikation benötigen sowie Spezialsprechstunden beispielsweise zu ADHS, Autismus, Transgender oder Sucht und zusätzlich morgens eine niederschwellige Notfallsprechstunde, mit der niedergelassene Kollegen entlastet werden und den Betroffenen möglichst rasch Hilfe zukommen soll. Denn die Wartezeiten sind leider oft lang. Albers: „Wir versuchen, möglichst vieles ambulant abzufangen und die Patienten im Alltag in ihrem sozialen Umfeld zu behandeln. Es ist unser großer Wunsch, die stationär-äquivalente Behandlung voranzubringen“, also weg von der medizinisch-therapeutischen Versorgung auf der Station hin zur Behandlung in den eigenen vier Wänden - bei gleicher Qualität. Albers: „Wir möchten die Menschen nicht hospitalisieren.“ Könnten die Patienten in ihrem sozialen Wohnumfeld bleiben, in dem bestenfalls auch die Angehörigen eingebunden würden, erreiche man ein optimales, nachhaltigeres Behandlungsergebnis.„Insbesondere in der Gerontopsychiatrie könnte dies bedeuten, dass stationäre Aufnahmen und damit verbundene Ortswechsel für die oftmals hochbetagten Patienten vermieden werden“, ergänzt Könning.

Übergänge in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Doch damit nicht genug. So solle die Psychosomatische Medizin in Herten künftig auch stationär angeboten werden. Außerdem arbeite man an Wegen, den Übergang von der Kinder- und Jugendpsychiatrie in die Erwachsenenpsychiatrie auszugestalten und damit jungen Menschen in psychischen Krisen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren besser zu helfen - und das gemeinsam mit der LWL-Klinik in Marl-Sinsen, mit der die Hertener Klinik bereits kooperiert. Erst kürzlich war Albers der Einladung der kinder- und Jugendpsychiatrischen Nachbarklinik zum Haard-Dia-log gefolgt, um über psychische Erkrankungen in Familien zu referieren. Durch eine noch intensivere Zusammenarbeit sollen die Übergänge zwischen den Altersbereichen in Zukunft besser aufgefangen werden. Konkret steht in Herten zudem auch der Neubau des Gerontopsychiatrischen Zentrums an, das auf dem jetzigen Parkplatz entstehen soll und eine deutliche Verbesserung des Therapieangebotes für ältere Menschen bedeutet - zum Beispiel mit barrierefreien Zimmern, begehbaren Nasszellen und einer demenzfreundlichen Innenraumgestaltung mittels Farbsignalen. Auch einen neuen Sinnesgarten wird es geben. Nicht zuletzt möchte die LWL-Klinik Stigmata der Psychiatrie etwa mit Informationsveranstaltungen in der Öffentlichkeit abbauen. Albers: „Das Bild der geschlossenen Zwangspsychiatrie gehört aus den Köpfen heraus, es ist längst nicht mehr zeitgemäß.“

Von Ina Fischer