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Renovierung des Europäischen Friedenshauses in Marl: Sanierungstrupp zauberte aus einem Trümmerfeld ein Schmuckstück

„Mauerspecht“ Dietmar Lotze hat die Entwicklung des Europäischen Friedenshauses in vielen Fotos festgehalten.

Dietmar Lotze vor dem Europäischen Friedenshaus auf dem alten Friedhof in der Stadtmitte. FOTO CLAUS PAWLINKA

Von Claus Pawlinka

Das Europäische Friedenshaus im Skulpturenpark in der Stadtmitte ist ein echtes Schmuckstück. Strahlend weiẞ kommt die Fassade daher, das Umfeld ist gepflegt - ein toller Anblick für Passanten. Das war nicht immer so. Den Weg von einer Quasi-Ruine zum Hingucker hielt Dietmar Lotze in vielen Fotos fest.

Das lange nicht mehr genutzte Gebäude - die ehemalige Kapelle des alten Friedhofs an der Sickingmühler Straße verfiel in den 1990er-Jahren zusehends. Bis sich auf Initiative von Hubert Schulte-Kemper, dem damaligen Vorsitzenden des Marler Heimatvereins, eine Gruppe von engagierten Rentnern zusammenfand, die das Haus von Grund auf sanierten und zu dem heutigen Prachtbau machten. Immer mit dabei: Dietmar Lotze, der die Baufortschritte mit der Kamera festhielt und natürlich selbst mit anpackte - als einer der Mauerspechte, wie der Sanierungstrupp damals bezeichnet wurde. Angeführt wurde die rüstige Seniorentruppe von Horst Zachau.

Die Mauerspechte leisten ganze Arbeit

Über ihn kam auch Dietmar Lotze zu den ehrenamtlich tätigen Mauerspechten. Der heute 81-jährige Kraftwerksmeister war damals gerade in den Ruhestand gegangen, suchte für sich eine sinnvolle Beschäftigung. Das Projekt „Friedhofskapelle“ kam da gerade recht. 2008 ging es los.„Auf der Baustelle waren wir meist zu zehnt. Das Großartige dabei: Alle Gewerke waren vertreten. Wir konnten die meisten Arbeiten in Eigenregie übernehmen“, so Lotze. „Das Gebäude war im Prinzip ein einziges Trümmerfeld“, erinnert er sich.

Die Mauerspechte begannen mit dem ersten Arbeitsschritt: der Entkernung. 27 Groẞcontainer füllten sie mit Schutt, Abraum und Müll. Auch einen Baum, der mittendrin durch das Dach in den Himmel wuchs, rissen sie heraus. Genauso wie die Sträucher, die in der maroden Dachrinne Wurzeln geschlagen hatten. Trotzdem ging die Entkernung schnell voran. Dann ging es an den Wiederaufbau. Das Haus bekam ein neues Dach, eine neue Heizung, neue Elektrik, neue Böden und so weiter. „Wir haben das meiste in Eigenarbeit geschafft, auch wenn immer wieder mal Firmen ihr Know-how einbringen mussten“, erinnert sich Lotze. Insgesamt steckten die Mauerspechte 1400 Arbeitsstunden in das ehrgeizige Bauprojekt. Ein Jahr später war es so weit. Im Mai 2009 wurde die Eröffnung des neuen Versammlungs- und Veranstaltungsortes gefeiert, der seither „Europäisches Friedenshaus“ heißt.

Dietmar Lotze: „Damit war e die Arbeit aber noch lange - nicht getan.“ Schließlich · mussten noch ein paar Rest- arbeiten und der Dachausbau durchgeführt werden. Aber - auch das erledigten die Mauerspechte zuverlässig. Die meisten Arbeitsschritte hielt Dietmar Lotze im Foto fest. Jetzt hat er eine Bilddokumentation fertiggestellt, in der er den Weg der Friedhofskapelle von einer Ruine zum Friedenshaus aufgezeigt hat.

Der Schlüssel zum Haus wurde weitergereicht

Die liebevoll angefertigte Doku hat er dem Heimatverein zur Verfügung gestellt. Die Mauerspechte haben sich mittlerweile vom Friedenshaus getrennt, den Schlüssel weitergereicht.

Genutzt wird es vom Frauentreff für "Kunst und Kultur“. Zur Geschichte des Hauses: Die alte Friedhofskapelle wurde 1940 fertiggestellt. 1969 wurden Friedhof und Kapelle stillgelegt, weil die Stadt eine neue kommunale Ruhestätte in Drewer-Nord angelegt hatte.

Danach war das alte Gebäude dem Verfall preisgegeben und sollte 30 Jahre später abgerissen werden. Hubert Schulte-Kemper organisierte Landes- und Fördermittel und setzte sich für den Wiederaufbau der Friedhofskapelle ein.