Medio - Das Gesundheitsmagazin im Vest Anzeige

Herten: NOCH ENGER ZUSAMMENGERÜCKT

Führend in der Region ist das St. Elisabeth-Hospital im Kampf gegen den Krebs.

Prof. Dr. Matthias Heuer, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Koloproktologie. FOTO VOLKER BEUSHAUSEN

Herzstück dieses Zusammenrückens und der Spezialisierung am Stiftungsklinikum Proselis ist die wöchentliche interdisziplinäre Tumorkonferenz.

Seinen Lebensabend hat sich Hans Werner Keil (66) anders vorgestellt. Über 50 Jahre hat er malocht, zuerst mit 14 auf der Zeche, wie sein Vater, dann später auch als Berufskraftfahrer im internationalen Fernverkehr. Viel Zeit für die Familie daheim blieb nicht. Das sollte sich mit Beginn der Rente ändern. Keil freute sich auf viele gemeinsame Stunden mit seiner an COPD erkrankten Frau. Es sollte anders kommen. Ganz anders.

Drei Wochen nach Renteneintritt, im Sommer dieses Jahres, bekam der Hertener die niederschmetternde Diagnose: Speiseröhrenkrebs. Übelkeit, häufiges „Rückwärtsessen“, so nannte er es selbst, und Schluckstörungen brachten ihn erst zu niedergelassenen Ärzten, dann ins Hertener St. Elisabeth-Hospital, dem einzigen Krankenhaus in der Region neben der Uniklinik Münster, das überhaupt eine Zulassung dafür hat, Patienten mit Speiseröhrenkrebs zu behandeln. Dem einzigen Krankenhaus, das hier in der Umgebung sein Leben retten durfte - und es dank seiner Spezialisierung auf onkologische Therapien und fachübergreifende Teambesprechungen auch konnte.

Prof. Dr. Matthias Heuer, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Koloproktologie und Operateur von Hans Werner Keil, erklärt die Hintergründe: So steige derzeit der Druck in den Krankenhäusern aufgrund der neuen Landeskrankenhausplanung enorm an. Heuer: „Wir erfinden die Kliniken neu, aber nicht die Medizin.“ Dementsprechend stelle sich das Stiftungsklinikum Proselis mit den beiden Häusern St. Elisabeth-Hospital Herten und Prosper-Hospital in Recklinghausen neu auf. „Die Abteilungsstrukturen werden deutlich enger zusammengerückt. Hatte früher jeder sein eigenes Königreich, ist das heute nicht mehr der Fall. Wir werden stattdessen noch effizienter in der Zusammenarbeit. Aber wir können nicht mehr jeder alles machen, wir brauchen Spezialisierung.“

Ein Beispiel: Sei eine Leistenhernie früher ,nebenbei mitgemacht worden“, gäbe es heute spezialisierte Hernienzentren mit strengen Auflagen und speziell geschultem Personal. „Wir sind kein Gemischtwarenladen mehr.“ Und bei einem Tumor sei die Problematik noch komplexer: „Sie können nicht gleichzeitig Experte für die Leber und kolorektale Erkrankungen sein. Aber um ein individuelles Behandlungskonzept für jeden Patienten festzulegen, müssen Sie alle an einen Tisch holen.“ Zusammenrücken und spezialisieren sei jetzt der Trend der Zukunft.

Herzstück dieses Zusammenrückens und der Spezialisierung am Stiftungsklinikum Proselis ist die wöchentliche interdisziplinäre Tumorkonferenz, in der jeden Donnerstagvormittag 30, 40 Experten aus den verschiedensten Fachrichtungen von der Radiologie über die Internisten bis zu den Chirurgen zusammenkommen. Über eine mediale Anlage mit riesigen Bildschirmen werden hier sogar Praxen von außen, Strahlentherapeuten, Onkologen zugeschaltet, um für ein abgestimmtes Vorgehen und schnelle Wege zu sorgen - ein absolutes Novum. Hans Werner Keil bestätigt: Innerhalb von drei Wochen habe seine Diagnose gestanden, sei eine vorbereitende Chemotherapie eingeleitet worden, die seinen Speiseröhrentumor verkleinerte, bevor Prof. Dr. Heuer ihn komplett operativ entfernte. Möglicherweise hat das Hand-in-Hand-Arbeiten Keils Leben gerettet. Denn Speiseröhrentumore seien mitunter sehr aggressiv. Heuer: „Wir therapieren mit dem Ziel, Leben zu verlängern oder Lebensqualität zu verbessern.“ Das gemeinsam geteilte Expertenwissen, die anerkannte Kooperation auch mit anderen Krankenhäusern, die kurzen, schnellen Wege haben vielleicht für ein kleines Wunder gesorgt. Auf jeden Fall aber haben sie dazu beigetragen, dass Hans Werner Keil zum jetzigen Zeitpunkt als geheilt gilt. Derzeit muss er während der Nachsorge zwar noch zur Chemotherapie, um Rezidive zu vermeiden, aber sein Rentnerdasein kann er demnächst wieder voll in Angriff nehmen. Das Erste, was er machen will: Sobald er es wieder richtig kann, möchte er mit seiner Frau essen gehen. Und am liebsten das gesamte Team vom St. Elisabeth-Hospital zum Dank mitnehmen. Ina Fischer