Pause wegen einer stressigen Zeit oder einer Verletzung?
Zehn Kilometer joggen, das war vor einem halben Jahr kein Problem. Und nun? Die letzte Laufrunde ist eine gefühlte Ewigkeit her. Es gab Gründe für die Sportpause - nun aber könnte oder dürfte man wieder.
Doch das Training wieder aufzunehmen - das ist oft nicht einfach. „Hat man länger pausieren müssen - warum auch immer -, hat der Körper Muskelmasse abgebaut“, sagt Leonard Fraunberger, Vizepräsident des Bayerischen Sportärzteverbandes. Der Körper baut ab, was er nicht benutzt, als erstes die Ausdauer-Muskeln.
Wichtigste Regel beim Wiedereinstieg ist daher, die Intensität erst nach und nach steigern. Drei typische Fälle und was jeweils zu beachten ist:
Sportpause wegen einer Verletzung oder Erkrankung
Wann man wieder mit dem Sport beginnen kann, dazu gibt es keine allgemeine Empfehlung. Klar - wer einen Kreuzbandriss hatte, für den sieht der Wiedereinstieg anders aus, als für diejenige, die zwei Wochen mit einer Grippe im Bett lag.
Zudem komme es auf die körperliche Verfassung vor dem Sport-Stopp an, wie Jürgen Walter, Vorstandsvorsitzender im Verband der praktischen Sportpsychologie sagt.
Leonard Fraunberger ergänzt, dass man „nach einer Verletzung natürlich die orthopädische Freigabe braucht“. Wurde bei einem Knochenbruch etwas verschraubt, müsse die mechanische Belastbarkeit sichergestellt sein. Wer einen Infekt hatte, sollte vor dem ersten Training mindestens drei symptomfreie Tage abwarten.
Eine Zielsetzung sei zum Wiederbeginn wichtig, wie Jürgen Walter sagt. „Diese sollte S-M-A-R-T sein. Das heißt: Die Ziele sollen spezifisch, also genau beschrieben, messbar, persönlich attraktiv, realistisch und terminiert sein.“ So kann man sich zum Beispiel vornehmen: Ich gehe jeden Montag und Donnerstag nach dem Feierabend 20 Minuten laufen.
Am besten richtet man den Fokus beim Wiedereinstieg auf die kleinen Fortschritte. Denn zu viele Menschen versuchen, wieder mit der Belastung einzusteigen, die sie vorher gewohnt waren.
„Aber der Puls, also die Herzfrequenz, ist dann deutlich, um bis zu 20 Schläge, erhöht“, sagt Sportmediziner Fraunberger. Es könne zu Schlafstörungen und erhöhtem Blutdruck kommen.
Deswegen veranschlagt man für das erste Training am besten 15 bis 20 Minuten. In dieser Zeit sollte ich nicht außer Atem kommen, mich unterhalten können und danach sollte ich das Gefühl haben, das Gleiche nochmal machen zu können.“
Zu hohe Erwartungen können Enttäuschungen, Anspannung und Minderwertigkeitsgefühle begünstigen, so Jürgen Walter.
Um zur alten Form zurückzukommen, brauche es Zeit. „Bestimmte Verletzungen können sich noch nach Jahren bemerkbar machen.“ Ist die alte Form unerreichbar, ist ein alternatives Ziel wichtig. „Es besteht sonst die Gefahr, ständig unzufrieden zu sein.“
Sportpause wegen einer stressigen Zeit
„Personen, die Stress ausgesetzt sind, neigen eher zu körperlicher Inaktivität“, sagt Sportpsychologe Jürgen Walter. Nachvollziehbar, denn wer wegen eines beruflichen Projekts oder einer Prüfungsphase lange Tage hat, hat vielleicht kaum Energie für Sport übrig. Dabei gilt: „Sportliche Aktivitäten bauen immer Stress ab.“
Denn Bewegung sei ein bewährtes Mittel, um den negativen Langzeitfolgen von Alltagsstress vorzubeugen. Das hätten Langzeitstudien belegt, so Jürgen Walter. Wer regelmäßig Sport treibt, bewertet Stress weniger negativ, nimmt ihn als weniger bedrohlich wahr.
Mit dem Sport könne man in diesem Fall sofort wieder anfangen, sagt Leonard Fraunberger: „Mal um den Block gehen, mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren... Aber bitte seien Sie moderat unterwegs - ohne Atemprobleme.“ Hintergrund: Bei besonders fordernden Sporteinheiten bildet der Körper viel Laktat und Adrenalin, was den Stress im Körper wieder erhöhen kann.
Damit Sport als Bewältigungsstrategie gegen Stress funktionieren kann, ist Regelmäßigkeit ein Muss. „Jedes einzelne Training sollte zwar mindestens 30 Minuten lang sein“, sagt Jürgen Walter. „Aber zu Beginn gilt: Jeder Schritt, jede Bewegung hilft, dranzubleiben. Deswegen lieber mehrere, kleine Trainingseinheiten als eine lange.“
Ziele sollte man sich auch in diesem Fall nach der S-M-A-R-T-Methode stecken. „Ich sollte aber stets den Mut haben, meine Ziele zu korrigieren - auch nach unten“, rät Walter. „Bei Alltagsstress sollte die Freude an der Bewegung im Vordergrund sein.“
Sportpause wegen Schwangerschaft und Geburt
Der Wiedereinstieg in den Sport nach Schwangerschaft und Geburt ist individuell. „Fühlt sich eine Frau geschwächt, ist der Zeitpunkt noch nicht da“, sagt Walter. Das bestätigt auch Fraunberger: „Die ersten vier Wochen nach der Geburt wird sowieso von Sport abgeraten. Danach reicht ein Spaziergang mit dem Kinderwagen.“
Sobald die Verletzungen, die mit der Geburt einhergegangen sind, verheilt sind und sich die Frau wieder bei Kräften fühlt, könne sie laut Walter spezielle Sportangebote nutzen. „Die Motive könnten eine Pause vom Alltag, die Vernetzung mit anderen Müttern, aber vor allem die Unterstützung der Körperrückbildung sein.“
Hierbei wird der Beckenboden mit einem gezielten Training aufgebaut. „Das sollte die Frau mindestens ein halbes Jahr lang machen, um die Bauchdecke und Hüfte zu stabilisieren“, sagt Fraunberger. Das Motto lautet, so der Sportarzt: „Erst den Umfang steigern, dann die Intensität - und immer auf die Atmung achten.“
Ein umfangreicheres Sportprogramm sollte mit der Gynäkologin oder der Hebamme abgesprochen werden, ergänzt Walter. „Dass nach einer Geburt nicht mit dem alten Trainingsniveau weitergemacht werden kann, ist normal.“ Geduld sei gefragt. „In sportlicheren Worten: Es handelt sich um einen Langstreckenlauf, nicht um einen Sprint“, sagt Walter. dpa